Alzey - im Herzen Rheinhessen

kritische Worte unerwünscht

Am 25.09.2025 fand in AZ-Schafhausen die Übergabe des Fördermittelbescheides für das Bauprojekt in der Gau-Odernheimer Straße statt, mit dem 24 Sozialwohnungen entstehen. Im Rahmen dieser Veranstaltung hielten mehrere Personen Ansprachen, darunter die Geschäftsführer der Firma Erhlich sowie politischen Vertreter wie Ministerin Doris Ahnen, die Vertreterin des Landrates, Bürgermeister Jung (alle SPD) sowie die Ortsvorsteherin Petra Sieker (CDU).

Doch in den Pressemeldungen der Investitions- und Strukturbank RLP (ISB), der Kreisverwaltung bzw. der Stadtverwaltung wird der kritische Redebeitrag der Ortsvorsteherin mit keinem Wort erwähnt. 

Wirft hier schon die kommende Landtagswahl ihre Schatten voraus und müssen die Bürger davon ausgehen, dass die Landesregierung den Bürgern nur Positivmeldungen verkündet und eine heile Welt vorgaukelt?

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Im Gegensatz zu den ausgewählten Positivinhalten der Pressemeldungen von ISB, Kreis- und Stadtverwaltung berichtete die Allgemeine Zeitung Alzey umfassend über die Veranstaltung und zitierte aus allen Redebeiträgen - auch die kritischen Worte der Ortsvorsteherin, die auf die Belastungen und Einschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger von Schafhausen hinwies.

Das seitens der Ortsvorsterherin eingereichte Zitat für die Pressemeldung blieb seitens ISB, Kreis- und Stadtverwaltung schlichtweg unberücksichtigt. Dies erweckt den Eindruck, dass es innerhalb der Bevölkerung und der kommunalen Gremien keine Einwände gegen das Bauprojekt gibt.
Dieser Eindruck ist jedoch falsch und verzerrt die tatsächliche Stimmung im Stadtteil Schafhausen.

Die demokratisch gewählte Ortsvorsteherin Petra Sieker vertritt die Belange des Stadtteils Schafhausen direkt vor Ort und hier besteht die Sorge, dass es mittelfristig zu sozialen und strukturellen Verwerfungen im kleinsten Alzeyer Stadtteil führt. 
Eine transparente Kommunikation ist insbesondere bei öffentlich geförderten Pojekten von zentraler Bedeutung - nicht zuletzt, um das Vertrauen der Bügerinnen und Bürger in die politischen und verwaltungstechnischen Prozesse zu erhalten.

 

Hier der Redebeitrag der Ortsvorsteherin vom 25.09.25:

"Sehr geehrte Frau Ministerin, sehr geehrte Damen und Herren,
heute stehen wir vor einem Projekt, das gefördert wird - aber so nicht gewollt war. Nicht von den Bürgerinnen und Bürgern von Schafhausen, nicht von den gewählten Gremien der Stadt Alzey.
Ortsbeirat, Bauausschuss und Stadtrat haben sich klar gegen dieses Bauvorhaben ausgesprochen. 
Das galt übrigens auch genauso für dieses Projekt, als noch höherwertige Wohnungen mit Tiefgarage geplant waren, die sich aber am Markt nicht platzieren ließen. Dennoch wurde diese Planungen genehmigt - gleich zweimal durch Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens durch die Kreisverwaltung.

Das ist rechtlich möglich. Aber politisch fragwürdig. Denn es stellt sich die Frage: Was bedeutet kommunale Selbstverwaltung, wenn Entscheidungen über die Köpfe der lokalen Gemeinschaft hinweg getroffen werden?!
Dabei darf in der Debatte eines nicht unterstellt werden: Die Kritik richtet sich keineswegs gegen geförderten Wohnungsbau an sich und auch nicht gegen jede Form innerörtlicher Verdichtung. Vielmehr geht es um die Größenordnung und städtebauliche Einbindung des Projekts. Für ein Dorf mit derzeit rund 390 Einwohnerinnen und Einwohnern bedeutet die Errichtung von 24 Wohneinheiten in drei Baukörpern eine erhebliche strukturelle Veränderung.
"Besonders schmerzlich ist dabei, dass das betroffene Grundstück bislang als grüne Lunge unseres Ortsteils galt - eine Pferdekoppel, ein Ort der Ruhe und der ökologischen Ausgewogenheit. Mit der geplanten Bebauung droht dieser wertvolle Freiraum zu einer Betonwüste zu werden, die nicht nur das Landschaftsbild verändert, sondern auch das Mikroklima und die Lebensqualität der Anwohnerinnen und Anwohner nachhaltig beeinträchtigt."

Die Sorge, dass hier allein durch Art und Umfang der baulichen Maßnahme eine bauliche Insel, ein „Dorf im Dorf" entstehen könnte, ist kein Ausdruck von Vorurteilen - sondern Ausdruck eines berechtigten Interesses an einer maßvollen, ortsverträglichen und integrierten Entwicklung unseres Ortsteils.
Sozialer Wohnungsbau ist wichtig. Aber er muss verhältnismäßig, gemeinsam getragen und in die bestehende Struktur eingebunden sein. Steuergelder sollten nicht dazu verwendet werden, um am Markt gescheiterte Investorenprojekte umzuwidmen und gewachsene dörfliche Strukturen zu zerstören sondern um nachhaltige und gemeinwohlorientierte Lösungen zu fördern. 
Ich hoffe, dass diese Erfahrung Anlass gibt, über die Rolle der Kommunen in der Landesplanung neu nachzudenken.

Denn Akzeptanz entsteht nicht durch Förderbescheide, sondern durch Vertrauen, Beteiligung und Respekt vor gewachsenen  Strukturen!"