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Volker Galle`zum Obermarkt: „Debatte greift zu kurz“

Volker Gallé schaltet sich in Diskussion um Neugestaltung ein

(red/te). Die Neugestaltung des Obermarktes bewegt die Gemüter in und um Alzey. In die Diskussion hat sich auch Volker Gallé, in Mauchenheim lebender profunder Rheinhessen-Kenner, Autor und Kulturwissenschaftler, eingeschaltet.
 

„Debatte greift zu kurz“

24.01.2011 - ALZEY

(red/te). Die Neugestaltung des Obermarktes bewegt die Gemüter in und um Alzey. In die Diskussion hat sich auch Volker Gallé, in Mauchenheim lebender profunder Rheinhessen-Kenner, Autor und Kulturwissenschaftler, eingeschaltet. „Die Entscheidung zur Gestaltung des Obermarkts muss auf lange Sicht getroffen werden, das heißt als Teil der Stadtentwicklung und im Zusammenhang mit den anderen Teilen der Innenstadt“, sagt er. Die aktuelle Debatte greift für ihn zu kurz.

Nie Marktplatz im klassischen Sinn

Historisch gesehen sei der Platz schon im frühen Mittelalter ein Veranstaltungsplatz gewesen. Man traf sich hier zu öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel. Das ging bis 1848 und 1918 so, als hier große politische Volksversammlungen stattfanden. Parallel dazu wurde er für Jahrmärkte genutzt. „Weil er der ursprüngliche Stadtmittelpunkt war, wurde hier auch die Stadtkirche errichtet, für die er als Vorplatz fungierte. Ein Marktplatz im klassischen Sinn, also auch ein Ort der Wochenmärkte, des Einzelhandels und des Rathauses war er nie“, stellt Gallé fest. Das Rathaus stehe am Fischmarkt, der Handel zentriere sich am Roßmarkt und von da aus in die von hier abzweigenden Straßen. „Die Geschäfte in der Nähe des Obermarktes liegen alle am Rand mit Tendenz zu Kirchplatz, Fischmarkt oder Spießgasse, können und werden daher auch von da angelaufen. Es gibt zwar Kneipen, aber keine Cafés - die liegen mehrheitlich am Roßmarkt, am Kronenplatz und in der Hospitalstraße, auch am Platz der Wahrheit, dessen Zukunft von der Entwicklung des Komplexes Stadthalle abhängt und der leider durch den Abriss des Hauses Bayer einen Teil seines im Grunde schönen Ensembles klassizistisch inspirierter Bauten aus der Zeit der Stadterweiterung im 19. Jahrhundert verloren hat.“

Sanierungsmaßnahmen an der Nordseite

Der Obermarkt sei geprägt von der Nikolaikirche im Süden und vom Martin-Luther-Haus im Osten, daneben im Wesentlichen von kleineren Altstadtwohnhäusern im Norden und einer wenig gelungenen Neubebauung der Westseite. Er sei nicht ohne den Kirchplatz zu denken, der in früheren Jahrhunderten als Vieh- und Jahrmarkt gedient habe. „Der Baugrund hat in früheren Jahrzehnten immer wieder Rutschungen erlebt, so dass eine Tiefgarage ausscheidet.“

Aus der Historie ergibt sich aus Sicht des Mauchenheimers ein Ausbau für eine erweiterte Nutzung als Veranstaltungsplatz, auch zur Stärkung der Innenstadt gegenüber der grünen Wiese. „Hierfür könnte er attraktiver gemacht werden, zum Beispiel durch eine mittelfristige Neugestaltung an der Westseite und Sanierungsmaßnahmen an der Nordseite sowie durch Pflanzungen mittelgroßer Bäume wie Platanen und dazu passende Ruhezonen.“ Und neben den Jahrmärkten könnten hier Messen, Konzerte, Spezialmärkte und andere Events geplant werden.

Da solche Veranstaltungen meist an Wochenenden stattfinden, schlägt Gallé vor, den Obermarkt in der Zwischenzeit als Parkplatz zu nutzen, aber in räumlich verringertem Maß und als Kurzzeitparkplatz mit Parkzeitbegrenzung für Kurzeinkäufe und Arztbesuche auf höchstens zwei Stunden, auch um den Parksuchverkehr besser zu steuern. Parallel müsse der Komplex Stadthalle und Parkhaus sowie Platz der Wahrheit entwickelt werden, der innenstadtnah erweiterte Parkmöglichkeiten für Langzeit- und Dauerparker bereit stellen sollte. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Cafébetrieb am Obermarkt eine Chance gegenüber Roßmarkt und Fischmarkt hätte und auch beim Platz der Wahrheit bin ich skeptisch: der Kaffehausbesucher will Menschen flanieren sehen und der Obermarkt ist kein Flanierplatz“, sagt Gallé.